Seiten

Samstag, 18. Februar 2017

Großer sinfonischer Abend in Stuttgart

David Afkham und Renaud Capucon (Mitte) beim Schlussapplaus
Das SWR Symphonie Orchester hat mit dem Gastdirigenten David Afkham und dem Violinvirtuosen Renaud Capucon gestern und vorgestern in der Stuttgarter Liederhalle Großes geboten.
Ich weiß ja nicht, wo Verena Großkreutz saß, die für die "Stuttgarter Zeitung" das Konzert verrissen hat, weil angeblich der französisch Solist "beseelt, aber mit (zu) diskreter Leidenschaft" spielte. Aber gut ghört hat sie wohl kaum, oder ich war in einem anderen Konzert. Eine Frechheit ist es, bei einem gefühlsintensiven Stück wie dem Violinkonzert Nr. 1 a-Moll von Dmitrij Schostakowitsch einem Geiger zu viel Gefühl vorzuwerfen. Der Mann ist kein zuverlässiger und exakter Arbeiter am Instrument, sondern  ein  großer Virtuose, auch wenn die Frau Kritikasterin es gern mit mehr Krawumm gehabt hätte.
Frei erfunden auch die Behauptung, das Orchester habe zu laut gespielt, das Blech den Solisten glatt erschlagen. Im Gegenteil: Das war ein fein abgestimmtes Mit- und Ineinander unter der Regie eines feinfühligen Dirigenten mit Sonderapplaus für die Bläser.
Den jungen Dirigenten und seine zurückhaltende Gestik mag die Kritikerin anscheinend ebenfalls nicht, ebenso wenig wie Johannes Brahms, dessen Sinfonie Nr. 2 D-Dur im zweiten Teil des Abends zu hören war. Da von einer "Eindunkelung des Klangs" zu faseln, verstehe wer will. Ein Tutti im Fortissimo am Ende steht hier in der Partitur, aber in der Zeitung steht, vor allem das Finale sei ein "unerträglich undifferenzierter, lärmender Schluss" gewesen. Ich fand´s nicht nur erträglich, sondern schön - und das Publikum auch. Frau Großkreutz ist wohl nicht aufgefallen, dass das Konzert eine fein austarierte Klimax war: Von den sanften Klangwolken aus dem Oratorium "La Passion de Simone" von der finnischen Komponistin Kaija Saariaho über die Stimmungsschwankungen im Violinkonzert des von Stalin bedrohten Komponisten Schostakowitsch führte ein klug durchdachter Weg zum hymnischen Jubel bei Brahms. "Lieben Sie Brahms?" - Die Frage stellt sich halt immer wieder. Und wer meckern will, findet immer etwas zu meckern. Mit Musikkritik hat das aber nichts zu tun.



Keine Kommentare: