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Montag, 8. Juli 2013

Interreligiöses Chorlabor VI bei der Bachakademie Stuttgart

Das war harte Arbeit, aber sie hat sich gelohnt!

Assaf Levitin von der Geiger-Kantorenschile Potsdam und Andreas Eckert von der PH Ludwigsburg haben die Sänger des interreligiösen Chorlabors mal wieder mit Neuheiten eingedeckt. Leider habe ich den Vormittag aus familiären Gründen verpasst. Dabei stand da laut Projektleiter Bernhard König Improvisation auf dem Programm, "eine Zumutung für die Sänger", diesmal aus der jüdischen Synagogalmusik. Angekündigt hatte der Opernsänger und Kantor Levitin "Gesänge, die teilweise so alt sind, dass sie Moses vom Berg Sinai mitgebracht haben könnte". Aber eben auch "Klangwolken", die eher zur Neuen Musik gehören und für die Chorliteratur bisher eher untypisch sind. Was ich dann nach der Mittagspause zu hören bekam, war noch aufregend genug.


Andreas Eckert in Aktion

Erst sang Levitin Antonin Dvoráks Psalmenvertonungen, und dann übte der Ludwigsburger Musikpädagoge Andreas Eckert mit dem Chorlabor das Credo aus der D-Dur-Messe Dvoráks ein - christliche Kirchenmusik, die ebenfalls eher unbekannt ist. Überhaupt darf man wohl sagen, dass dieses Chorlabor eine umfassende Reise durch die religiöse Chormusik anbietet. Selbst wer nicht mitsingt (Fotografieren und Tonaufnahmen schließen das aktive Singen leider aus), dem bieten diese Sonntage mehr als nur Theorie und Chorproben. Charakteristisch ist eine ganz eigentümliche Mischung aus Praxis, Theorie, Spracharbeit und eingeübter Empathie, die jedes Mal auch neue Gefühlswelten erschließt.
Dvoraks D-Dur Messe, so Eckert, ist eigentlich für einen kleinen Chor geschrieben. In so großer Besetzung entfaltet sie ein Klangvolumen von großer Tiefe und Breite. Daran änderte auch nichts, dass an diesem Tag die Männer (also Tenöre und Bässe) extrem in der Minderheit waren. Lag´s an der Sommerwärme, die endlich auch in Stuttgart angekommen war und teilweise schon an Hitze grenzte? Lag´s an konkurrierenden Verpflichtungen der muslimischen Sänger kurz vor dem Beginn des Fastenmonats Ramadan, an der grassierenden Sommergrippe?
Tapfer warfen sich jedenfalls auch Assaf Levitin, Dozent Eckert und Projektleiter König in die Bresche. Ihre geschulten Stimmen konnten die zahlenmäßige Unterlegenheit aber nur teilweise wettmachen. "Wäre ja auch noch schöner, wenn man das nicht hören würde", schmunzelte eine der Damen.
Nach einer Kaffeepause war dann wieder Schwerarbeit für den Chor angesagt. Assaf Levitin hatte ein großes Kompliment für die Sänger mitgebracht. Nach dem ersten gemeinsamen Probe habe er sich so inspiriert gefühlt, dass er ein vierstimmiges Arrangement für "Shirat Ha-Awassim" (deutsch: Der Gesang der Gräser) von Naomi Shemer geschrieben habe. Das philosophische Lied nach einem Text des berühmten Rabbi Nachman aus Breslau erzählt von den Melodien der Schöpfung, die das Herz mit Sehnsucht nach dem Schöpfer erfüllen und zu einem Gesang des Herzens werden. "An dieser Partitur haben Sie alle eine Stammaktie", erklärte Levitin unter dem Beifall der Sänger. Auch wenn das Ergebnis an diesem Tag noch keine Konzertreife war, musste Levitin vor allem den Sängerinnen viel Lob spenden; "Die Bässe haben es immer einfacher". Mit einem eingebauten Kanon und extremen Tonsprüngen stellt das Werk besonders hohe Anforderungen. Trotzdem oder gerade deshalb: Es hat allen Beteiligten wieder großen Spaß gemacht. Überzeugen Sie sich selbst.
Hier gibt es schon einmal eine Hörprobe: http://widmar-puhl.podspot.de/
 

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