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Donnerstag, 7. Oktober 2010

Stuttgart 21: Offener Brief an Stefan Mappus

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Stefan Mappus, 
Sehr geehrter Herr Innenminister Heribert Rech!

Ich bin entsetzt über den brutalen Einsatz der Polizei gegen 
tausende Bürgerinnen und Bürger, die friedlich gegen "Stuttgart 
21" demonstrierten. Dass dies auf die Falschmeldung hin geschah,
die Einsatzkräfte würden mit Steinen beworfen, ist inzwischen 
erwiesen. Ich forde Sie dringend auf: Wenden Sie weiteren 
Schaden von unserer repräsentativen Demokratie ab, indem Sie 
umgehend Methoden abstellen, die wir bisher nur aus dem 
Repertoire so "lupenreiner Demokraten" wie Silvio Berlusconi, 
Hugo Chavez oder Wladimir Putin kennen! 
 
Es ist eine Schande und sehr wohl eine Gefahr für unsere 
repräsentative Demokratie, wenn ihre Repräsentanten 
fortwährend die Gegner des Projekts Stuttgart 21 
diffamieren, wie orientalische Potentaten penetrant jedes 
Mal die nach Klickzählung ermittelte Zahl der Demonstranten 
halbieren lassen oder Gerüchte streuen lassen, um 
Projektgegner einzuschüchtern.

Niemals haben z.B. Lehrer Schüler instrumentalisiert; niemals 
haben "Parkwächter" Jugendliche dazu verführt, die genehmigte 
Route ihrees Demonstrationszuges zu verlassen; niemals sind 
Demonstranten gegen Polizisten gewalttätig geworden. 
Anscheinend muss ich Sie daran erinnern, das laut Aischylos und 
Gandhi ziviler Ungehorsam gegenüber Anweisungen staatlicher 
Autorität sittlich geboten und eine BÜRGERPFLICHT ist, wenn 
diese Anweisungen den Boden der Gesetze oder unserer 
moralischen Grundwerte verlassen. 
 
Nicht jeder Befehl eines Uniformierten ist zu befolgen: Ich 
weiß das als jemand, der Philosophie und Theologie studiert 
und seinen Wehrdienst bei der Bundeswehr geleistet hat. Ich 
habe gelernt, wann ein Befehl verweigert werden darf. Und hören 
Sie endlich auf, zu glauben, die Bürger wüssten das nicht. 
Ich halte es für den Gipfel der Scheinheiligkeit, wenn Sie 
"alle Beteiligten" auffordern friedlich zu sein, und genau 
wissen, dass die Gewalt bisher ausschließlich von Ihnen oder 
Ihren Untergebenen ausgegangen ist. 
 
Herr Rech, tragen Sie die politische Verantwortung für den 
brutalen Polizeieinsatz und treten Sie umgehend zurück!

Herr Mappus, es ist besser, Sie verlieren Ihr Gesicht als 
jedes Maß und die einzige Chance, Ihre politische 
Glaubwürdigkeit wieder zu erlangen: erlassen Sie sofort 
einen vorläufigen Baustopp für "Stuttgart 21" und ebnen 
Sie den Weg zu einem Volksentscheid über das Projekt! 
Nur so kann der Graben quer durch Baden-Württemberg 
überbrückt werden.

Mit freundlichen Grüßen,

Widmar Puhl

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