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Mittwoch, 7. November 2007

Bank-Geheimnisse

"Das Konto" von Bernd J. Fischer: Ein Banken-Krimi par excellence

Bankiers als kriminelle Hütchenspieler mit Schlips und Kragen - dieses Bild kennt man spätestens seit der betrügerischen Herstatt-Pleite vor 40 Jahren nicht nur aus der Kriminalliteratur. Trotzdem ist es immer wieder verblüffend, wie wirklichkeitsfremd trotz aller erzählerischen Brillanz gestandene Schriftsteller mit solchen Stoffen umgehen. Dabei würde ich mir durchaus wünschen, dass ein Fred Brinersdorfer oder eine Uta-Maria Heim sich einmal mit dem badischen Bohrmaschinen-Luftikus Schmieder oder dem Frankfurter Baulöwen Schneider beschäftigen würden. Leider bisher Fehlanzeige. Auch die wendige Deutsche Bank unter Schweizer Vorsitz wäre ein Thema, aber die Dichter haben wohl Angst davor. Anders Bernd J. Fischer. Der Mann war selbst Bankier und hat in seinem ersten Krimi einen selbst erlebten Fall verarbeitet.
Der Plot ist im grunde einfach: Ein betrügerischer Kleinbankier aus Paris und sein Busenfreund, ein Jurist und ehemaliger Panzergeneral, kaufen kleine Banken und reißen sich die Konten reicher, aber alter oder schon verstorbener Anleger unter den Nagel. Manchmal helfen sie halt ein bisschen nach, wenn´s um den Sterbetermin geht, das Sterben selbst oder um falsche Testanmente, Verfügungen, Vollmachten und Erbscheine. Das Spiel geht so lange gut, wie das expandierende Firmenkonglomerat von Monsieur van Hout immer neue Institute dazu kaufen kann. Mit den dort geplünderten Konten lassen sich gefährliche Löcher an anderen Stellen stopfen.
Nach außen hin pflegt van Hout einen mehr als bescheidenen Lebensstil mit verschlissenen Menschetten, einem abgeschabten Lodenmantel und einem uralten kleinen Peugeot. Wer weiß schon von seinem Wasserschloss bei Fontainebleau, der teueren Geliebten oder der Immobilien-Sammelwut dieses Typs "Beamter mit Ärmelschonern"? Eigentlich findet er auch, er sei langsam zu alt für solche Spielchen. Aber einmal muss es noch sein: 10 Millionen EURO gilt es einzuheimsen von einem Konto, dessen Inhaber in Südamerika einem Unfall erlegen ist und keine Erben hat. Sein Konto bei einer kleinen Schweizer Bank ist verwaist. Van Hout kauft also die Bank und lässt das Konto peu a peu abräumen. Doch er hat die Rechnung ohne seinen neuen "Mann in der Schweiz" gemacht.
Dieser Bankier namens Hübner, geschäftsführender Direktor und Aushängeschild des Van-Hout-Konzerns in der Schweiz, trägt nicht zufällig die Züge des Autors. Wie der war er Filialchef einer französischen Großbank in der Schweiz und wollte sich verändern. Als seriöser Banker kommt er nicht nur schnell seinem unseriösen Konzernchef auf die Schliche. Durch seine guten Verbindungen in alle Welt gelingt es auch, van Hout und seine Komplizen zu überführen und dingfest zu machen.
So weit der Plot, wie ihn das Leben schreibt. Der Roman, wie ihn der als Autor noch neue, eben erst im Ruhestand angekommene Bern J. Fischer geschrieben hat, zeichnet sich durch seine Insiderkenntnisse, aber auch durch stilistische Brillianz, Witz und Tempo und aus. Die Sprache der Banker, die Beschreibung der Typen und Gepflogenheiten in dieser Branche, die Atmosphäre hinter den Kulissen der Schalterhallen, das alles ist so autenthisch niemals zu recherchieren. Das ist erlebt und glaubwürdig bis auf die zehnte Stelle hinter dem Komma (um im Buchhalterjargon zu bleiben).
Witz und Tempo, wie Fischer sie zelebriert, sind auch nicht gerade Eigenschaften, wie sie im Bankwesen üppig gedeihen - es sei denn, der Mehrzahl steuerzahlender Kontobesitzer wäre da etwas ganz Wesentliches entgangen. Kein Schmarrn, keine überflüssigen Floskeln, keine epischen Versuchsballons, sonder einfach eine schnörkellos und gut erzählte Geschichte: Geradlinig darf man dazu nicht sagen, weil der Bösewicht dauernd hakenschlagend die Richtung ändert und auch dem Leser einiges an Spürsinn abverlangt. Aber man kann sich ja an Fischers Herrn Hübner halten, dann weiß man auf jeden Fall immer mehr als die Polizei.

Bernd J. Fischer: "Das Konto". Roman. NORA Verlagsgemeinschaft Dyck & Westerheide OHG, Berlin, 284 Seiten.

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