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Montag, 24. Juli 2017

Wagners "Ring" in drei Stunden: super!

Ein verdienter Schlussapplaus: Das Festspielorchester mit Lise Lindstrom, Pietari Inkinen und Simon O´Neill

Gestern gab es als Abschlusskonzert der Ludwigsburger Schlossfestspiele eine großartige Wagner-Gala. "Der Ring des Nibelungen in 339 Wörtern", heißt es im Programmheft. Ich fand die Reader´s Digest-Fassung mit der Beziehungskiste zwischen Brünhilde und Siegfried in drei Stunden wunderbar. Sie nahm Längen aus dem "Ring" und betonte die richtigen zentralen Teile der Handlung. Zum einen hat Chefdirigent Pietari Inkinen mit seiner Auswahl nicht nur die musikalischen Motive wunderbar "herausgemeißelt", sondern auch die Geschichte der ältesten deutschen Heldensage: Verfluchte Götter, die Menschen aus Machtgier zum Verrat aneinander zwingen - erst recht, wenn zwei so füreinander geschaffen sind wie Siegfried und Brünhilde. Es begann mit dem Vorspiel zum dritten Akt aus "Siegfried" und endete mit dem Schluss des dritten Aktes der "Götterdämmerung", als Brünhilde in Siegfrieds Scheiterhaufen reitet, der Rhein über die Ufer tritt und die Götterburg Walhall endlich in Flammen steht. Zwei Solisten hatten neben einem Festspielorchester, das sich selbst übertraf, großen Anteil an diesem gelungenen Abend: Die Sopranistin Lise Lindstrom (Brünhilde) aus den USA und der brillante australische Heldentenor Simon O´Neill. Lindstrom gab, stimmsicher und durchsetzungsstark, eine Frauenrolle von Empathie und Innigkeit gleichermaßen. O´Neill sang einen Siegfried im Liebesrausch, den die "Stuttgarter Zeitung" als tenoralen Glücksfall bezeichnete. Kann ich nur unterstreichen. Das Publikum war begeistert und dankte mit stehenden Ovationen. Hätte nur noch gefehlt, dass Inkinen das Orchester als Zugabe noch durch den Walkürenritt jagt. Hat er aber nicht. Ist ja nur mein Lieblings-Wagner, und ich hatte ihm das nicht mitgeteilt...

Samstag, 22. Juli 2017

Zum Streit um Flüchtlingswelle aus Schwarzafrika

Kleine Gardinenpredigt zum Thema "Fluchtursachen"


Italien und Österreich zoffen sich wegen der 25000 Flüchtlinge, die im Juni aus Schwarzafrika gekommen sind und z.T. wie einst gehabt in öffentlichen Parks campieren. Deutschland schickt viele Afghanen zurück - oft nicht nach Afghanistan, sondern nach Italien, wo sie zuerst aufgeschlagen waren, bevor sie weiterzogen. Alles der reine Irrsinn! Frau Merkel will "Fluchtursachen bekämpfen" und redet immer noch mit gespaltener Zunge. Wir Europäer müssen endlich klare Verhältnisse schaffen - zuerst einmal bei uns selbst, und dann sind wir auch glaubwürdig bei anderen, z.B. Afrikanern. Es muss aufhören, dass Europa fast nur noch aus Rosinenpickern besteht, die Geld nehmen, aber keine Flüchtlinge. So funktioniert weder Europa noch irgend eine Integration von Flüchtlingen. Also sollten unsere Politiker endlich den Tatsachen ins Auge sehen und Konsequenzen ziehen: Länder, die gemeinsame Regeln nicht akzeptieren (z.B. Polen, Techechien, die Slowakei, Ungarn oder der ganze Balkan bis hin zu Rumänien und Bulgarien, aber auch die "Südländer" Portugal und Spanien), müssen raus aus den Vorteilen des Euro und der Zuschüsse! Es ist eine elende Rosstäuscherei, zu behaupten, davon habe "Europa" etwas. Nur die Mafia und Nationalisten haben davon etwas. Und die brauchen wir nicht.
Es muss zudem aufhören, dass Italien und Griechenland allein gelassen werden, dass EU-Fabrikschiffe die afrikanischen Fischer brotlos machen, Rotes Kreuz, Caritas und Arbeiter-Samariterbund u.a. mit unseren Kleiderspenden Kenias Textilindustrie und den einheimischen Handel ruinieren, weil sie die Klamotten im industriellen Maßstab mit Dumpingpreisen zu Geld machen. Es muss aufhören mit dem legalen und illegalen Landraub und der "Entwicklungshilfe", mit der sich bloß Diktatoren bereichern, es muss aufhören mit den Waffenverkäufen in Krisenregionen, ganz gleich ob durch Heckler & Koch (Mexico) oder Rheinmetall (mehrere arabische Länder). Wir können also schon eine ganze mehr mehr tun, als Erdogan oder lybischen Banditen in den Arsch zu kriechen. Wer erinnert sich noch? - Die Bundewehr hat erfolgreich Brunnen in Somalia gegraben und ist dann abgezogen. Es kamen die Seeräuber, die unsere Schiffe überfallen, und die Warlords, vor denen die Leute flüchten. Wir geben zu viel Geld ohne Kontrolle und Gegenleistung ins Ausland, ganz generell. Das muss alles auf den Prüfstand, das sind unsere Steuern. Was da passiert, ist unfassbar idiotisch und eine der Hauptursachen für die Flüchtlingsflut in der Welt! 
Es geht aber auch anders. Es wurden viele Fehler gemacht, aber meines Wissens nicht von Gott oder Aliens, sondern von Menschen. Deshalb können Menschen diese Fehler auch korrigieren. Vor allem bei Wahlen. Wer nicht wählen geht, lässt die AfD machen. Wer CDU wählt, lässt Wolfgang Schäuble und seine Freunde unter der Regie von Angela Merkel weiter machen, was schon so lange falsch läuft in Richtung Katastrophe. Kein sozialer Wohnungsbau, aber schleichende Enteignung der kleinen Sparer durch Nullzinspolitik, Steuer-Milliarden für die Sanierung von Banken, Großunternehmen und Staatshaushalten, aber zu wenig Stellen für Erzieherinnen, Lehrer, Pflegepersonal, Polizei. Keine Energiewende, sondern weiter Abgasbetrug und erstickende Menschen in den Städten sowie einseitige Belastung der privaten Haushalte durch Ökostrom. Keine Gesundheitsreform, sondern Selbstbedienung von Ärzten und Pharmakonzernen bei den Krankenkassen. Milliarden für Stuttgart 21, aber kein Geld für die Sanierung maroder Straßen, Brücken, Schulen oder Traumapsychologen, die Farsi oder Arabisch können. Und so weiter. Leute, wacht auf: Ihr könnt das ändern!

Sonntag, 16. Juli 2017

"Maometto II" - große neapolitanische Oper von Rossini in Bad Wildbad

Zuschauer, Orchester und Ensemble auf engstem Raum: Wildbad!
"Maometto II" - eine tragische Oper von Gioacchino Rossini über die Eroberung des venezianischen Negroponte durch den osmanischen Eroberer Mehmed II in Bad Wildbad war gestern in Bad Wildbad ein musikalischer Genuss der Extraklasse. Trotz der grässlichen Libretto-Verse von Cesare Della Valle zwischen Hurrapatriotismus, einer zeittypisch martialischen Ehrenkäserei und romantischer Nabelschau um Liebe und Verrat ("Zu den Waffen, Vaterland, schon hört man die die arabischen Trompeten"- oder "Schmerz lass nach"-Getue) ist die Komposition aus dem Jahr 1820 voll von herrlichen Duetten, Terzetten und Quartetten, oft eingebunden in große Chornummern. In Bad Wildbad, wo einst Rossini einmal kurte und eine Oper zu Ende schrieb, ehrt man den Komponisten seit über 30 Jahren mit einem kleinen, aber feinen Festival.
Das Klischee vom "Kampf der Kulturen" kommt bei "Maometo II" mit wenigen Hauptfiguren aus: Stadthalter Paolo Erisso, überzeugend gespielt und grandios gesungen vom Heldentenor Merto Sungu, steht für einen Mann, dem der Sieg über alles geht, selbst über seine Tochter. Diese Anna (Elisa Balbo, ein glockenreiner Sopran und eine wunderbare Schauspielerin) soll zwangsverheirat werden mit dem General Calbo, eine phantastisch gesungene Hosenrolle von Victoria Yarovaya. Anna hat sich aber dummerweise in einen Unbekannten verliebt, von dem sich herausstellt, dass es der feindliche Feldherr Mehmet II. verkleidet auf Spähtrupp war (souverän, aber mit den weithin üblichen Schlieren im Übergang zwischen Höhen und Tiefen gesungen von dem Bass Mirco Palazzi). Auf die Täuschung ihrer Gefühle reagiert Anna mit dem Verrat an Mehmed, der ihr zum Beweis seiner wahren Liebe seinen Siegelring schenkt ("Ich liebe, doch ich folge meinem Vater und der Heimat"). Prompt gibt sie den an den Vater weiter, der mit General Calbo gefangen war, aber mit dem Ring entkommen und einen vernichtenden Gegenangriff organisieren kann. Das einzige Erbe ihres Vaters für Anna ist ein Dolch, den sie sich am Ende ins Herz rammt, als Mehmed sie wutentbrannt wegen ihrer patriotischen Treulosigkeit bedroht.
Überhaupt: Natürlich werden die osmanischen Krieger als grausam und gnadenlos dargestellt, Mehmed II als potenzieller Vergewaltiger ("Wirst Du nicht mein, so fürchte meinen Zorn"). Blankes Entsetzen herrscht bei allen am Schluss ob so viel Unvernunft, Hass, Nationalismus und Machogehabe auf beiden Seiten, aber ein versöhnliches Ende ist dies nicht. Antonio Fogliani leitete mit Bravour die Cemerata Bach und die Virtuosi Brunenses. Chor und Orchester boten wieder Spielfreude pur und waren Garanten der Stimmungen, die Regisseur und Festival-Intendant Jochen Schönleber mit all ihren immamanten Widersprüchen und Brüchen in der ehemaligen Trinkhalle des Schwarzwälder Kurstädtchens inszeniert hat: einfach, aber wirksam.
Die einzige undankbare Rolle erwischte Patrick Kabongo Mubenga, oder besser: zwei Rollen. Der Stipendiat der Akademie BelCanto musste ohne Arie den venezianischen General Condulmiero und Mehmeds Vertrauten Selimo darstellen. Er hätte wohl stimmlich mehr zu bieten gehabt als ein paar Rezitative und einen Part in einigen Terzetten. Aber auch das ist eben Belcanto-Oper. Den letzten beißen die Hunde. Vielleicht wäre eine volle Rolle für den Neuling auch noch zu viel gewesen. Immerhin sangen die Hauptfiguren gut drei Stunden und hatten kaum Pausen.


Samstag, 15. Juli 2017



Ein Hochgenuss: das SWR Symphonieorchester in seinem letzten Abonnementkonzert der Saison. Christoph Eschenbach dirigierte die Sinfonie Nr. 2 c-Moll von Gustav Mahler, unterstützt vom SWR Vokalensemble, dem Chor des Bayerischen Rundfunks und der Sopranistin Christiane Karg (Helles Kleid) und Gerhild Romberger (rechts davon in schwarzer Robe) als Solistinnen. Die Stuttgarter Liederhalle war bis auf den letzten Platz besetzt wie schon am Tag davor. Die Musik phantastisch, die Interpreten virtuos, Chöre und Orchester souverän, Publikum begeistert. Aber der Stuttgarter Zeitung ist das keine Zeile wert. Sie ist nämlich über eine zehnseitige Sonderbeilage an den Stuttgarter Jazz Open beteiligt, die schon mit den drei Auftaktkonzerten gut 20 000 Leute erreicht haben. Dafür gab es jede Menge Platz. Knapp 3000 Klassik-Fans kommen dagegen natürlich nicht an. Wenn man noch Beweise dafür gebraucht hätte, wie wichtig für eine angemessene und ausgewogene Berichterstattung über Kultur & Politik der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist, da hätte man ihn. Private Verleger geben ihren Neigungen und finanziellen Interessen immer brutaler Raum. Alles andere wird stiefmütterlich behandelt oder gar unterdrückt ("Sorry, kein Platz!"). Guter Journalismus ist aber nicht nur mehr, sondern etwas substanziell anderes als pures Geschäft, Inserentenpflege und Statistik.



Montag, 10. Juli 2017

Nur Kopf, Herz und Hände: Menahem Pressler in Ludwigsburg

Menahem Pressler (Foto: Lutz Sternstein)

Ein Charakterkopf, der auf einem Herzen sitzt und mit den Händen in den Tasten eines Steinway-Flügels greift: So hätte wohl ein Karikaturist den Auftritt von Menahem Pressler bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen am 7. Juli gezeichnet. Etwas anderes als Herz, Kopf und Hände war im Ordenssaal des Residenzschlosses nicht zu sehen. Zu hören aber waren Georg Friedrich Händel mit der Chaconne G-Dur, die ursprünglich für Cembalo ersonnen wurde, einer dazu passenden Fantasie c-Moll und der dazugehörigen Klaviersonate Nr. 14 c-Moll, einigen Mazurken vin Frédéric Chopin und viel, viel Claude Debussy. Aus dessen Erstem Buch der Präludien, das  vermutlich ganze Generationen von Barpianisten inspiriert hat, spielte der 94jährige bei tropischen Temperaturen im nicht klimatisierbaren Ordenssaal mit einer geradezu gespenstischen Unermüdlichkeit. Der gewaltige Beifall, die stehenden Ovationen schon beim ersten Betreten des Saales und erst Recht beim Abschied, galten auch der schieren Willenskraft eines Künstlers, dessen Spiel wie seine Gestalt vom Alter gezeichnet und doch unbeugsam erschien. Und die Verehrung galt der Lebensleistung eines Mannes, der in Magdeburg geboren wurde, 1933 als Jude das Gymnasium verlassen musste, 1938 mit seiner Familie vor den Nationalsozialisten floh und 1939 nach Israel kam. 1940 wurde er in die USA eingeladen und gewann den begehrten Debussy-Pianowettbewerb in San Francisco. So gesehen schließt sich ein großer Kreis mit Debussy. Pressler wurde US-Bürger und machte als Pianist eine Weltkarriere. Er spielte als Gründer des Beux Arts Trio 50 Jahre lang Kammermusik und als Solist  mit allen großen Orchestern rund um den Globus - seit 1956 auch in Deutschland. 2012 erhielt er wieder die deutsche Staatsbürgerschaft, 2015 wurde er für sein Lebenswerk mit dem ECHO-Klassikpreis ausgezeichnet.