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Donnerstag, 26. Mai 2016

Ein Solitär unter den Regionalkrimis


quadratisch – käuflich – tot Bernd Storz: "Quadratisch, käuflich, tot". Kriminalroman, Verlag Oertel + Spörer Reutlingen, 2. Auflage 2015, 296 S., 10,95 €

Regionalkrimis haben Konkjunktur, also gibt es ein Überangebot. Außerdem gestehe ich, das sie für gewöhnlich nicht meine Leib- und Magenlektüre sind. Deshalb ist mir dieses Buch erst mit gehöriger Verspätung aufgefallen. Und auch da war der Zufall im Spiel: Meine Frau bekam es geschenkt, und ich kannte den Autor - per Facbook, und wie ich mich dann (sehr gern) erinnern lassen musste, von einem Treffen des Schriftstellerverbandes (VS) vor Jahrzehnten in Bad Wimpfen oder so. Kurz: ich riss mir diesen Storz-Krimi mit Erlaubnis meiner besseren Ehehälfte unter den Nagel und stellte dafür einen 600-Seiten-Schinken von David Baldacci zurück, der eigentlich als Badewannenlektüre eingeplant war. Ich habe nichts bereut.
Das geht schon beim Titel los, der herrlich ironisch den fast schon kunsthistorisch legendären Werbespruch der Schokoladenfabrik Ritter Sport in Waldenbuch aufgreift ("Quadratisch, praktisch, gut"): Nicht einfach abgekupfert, sondern phantasievoll und treffend zitiert zur Kurzgeschreibung dafür, worum es geht: Schokolade (nach der die Stuttgarter Kommissarin Francesca Molinari süchtig ist), Korruption im Kunstbetrieb (Gleich neben der Schokoladenfabrik leistet sich Frau Ritter als Mäzenin tatsächlich ein veritables Museum für die eigene Kunstsammlung, die sich am Bauhaus-Künstler Joseph Albers orientiert mit seiner "Ode an das Quadrat") und Mord. Da steckt also schon eine ganze Menge an wechselseitigen Bezügen drin, und nicht der simpelte davon dürfte die angebrochene Packung Schokolade sein, die das Cover ziert - gewiss mit freundlicher Genhmigung der literarisch charmant umtanzten Firma.
Nun denke ich nicht daran, den Inhalt hier vorwegzunehmen, zumal das alles sicher in der Regionalpresse nachzulesen ist. Aber auffällig sind hier nicht nur die literarische Qualität und das sorgfältige Lektorat (fast keine Druckehler!), sonderen auch die fundierte Recherche des Autors. Kein Schriftsteller (und Storz ist dazu auch noch Universitätsdozent in Reutlingen) kann ja für jedes Buch ein Fachstudium absolvieren oder gar immer über ein- und dasselbe Spezialgebiet schreiben. Wie Storz die Schokoladenproduktion und den Kunsthandel recherchiert hat, um in diesem regionalen Umfeld (plus globaler Vernetzung, versteht sich) dann das organisierte Verbrechen rund um einen Mord in der Schokoladenfabrik zu entwickeln, ist aber schon außergewöhnlich.
Gut recherchiert sind nicht nur die Verhältnisse bei Ritter Sport und im Kunstmuseum nebenan, sondern auch bei der Kripo oder in der internationalen Fälscherszene mit ihren Galeristen. Allein was sich Storz hier an Fachwissen aus der neueren Kunstgeschichte angeeignet hat, nötigt Respekt ab. Der Plot ist gut gestrickt, die Dialoge kommen flott und teilweise auch witzig daher, ohne albern zu werden, die Figuren haben Charakter. Sogar Nebenhandungen wie eine drohende Ehekrise der Kommissarin und die anfangs sehr mysteriöse Flucht der ehemals drogensüchtigen Tochter des ermordeten Ritter-Schichtleiters (vor wem und wieso eigentlich) finden eine plausible Aufklärung - aber keine Seite zu früh. Die Spannung bleibt bis zum Schluss erhalten. Alles in allem ist dieses Buch wirklich ein Solitär unter den Heerscharen der Regionalkrimis und eine sehr genussvolle Lektüre.














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