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Sonntag, 17. Oktober 2010

S 21 - Der Protest verändert sich

















Am Bauzaun Süd im arg verschandelten Schlosspark herrscht eine seltsame Stimmung. Ich bin kein Verehrer von Bäumen oder Anhänger von Naturreligionen. Aber an diesem Ort habe ich das Gefühl: Er ist heilig. Hier standen Jahrhunderte alte Bäume, die von gewalttätiger Entschlossenheit gefällt wurden. In früheren Blogs waren sie noch zu sehen. Jetzt ist der Boden zertrampelt wie ein Festplatz - man kann fast kein Gras mehr sehen. Und die Menschen gehen hier herum wie in einer Kirche: leise, in sich gekehrt, neugierig, aber respektvoll. Exakt das Gegenteil derer, die hier gewütet haben.

Hier fand am 30. September der "schwarze Donnerstag" stattt, als die Polizei mit Gummiknüppeln, Pfefferspray und Wasserwerfern, deren Inhalt man CS-Reizgas beigemischt hatte, Demonstranten aus den Böäumen schoss und auseinanderjagte, die sich den Baumfällarbeiten mit friedlicher Präsenz entgegenstellten. Es gab weit über 100 Verletzte, zwei liegen immer noch im Krankenhaus, einer wird wohl blind bleiben.

Ministerpräsident Mappus und OB Schuster haben seitdem Kreide gefressen. Aber Mappus stellt sich weiter hinter seinen Innenminister Heribert Rech, an dem die ganze Aktion vorbei gelaufen zu sein scheint. Es sieht so aus, als habe Mappus persönlich Einfluss auf den Einsatzbefehl genommen. Das wird aber wohl erst ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss klären, den die Grünen beantragt haben. Die SPD (Vorstand und Fraktion) wollten erst nicht mitziehen, weil zu viele führende SPD-Politiker in die Skandale um Stuttgarr 21 verwickelt sind. Aber gestern Abend forderte bzw. beschloss die große Mehrheit der Delegierten auf dem SPD-Parteitag in Ulm ebenfalls diesen Untersuchungsausschuss. Der wird jetzt also kommen. Damit wird es immer wahrscheinlicher, dass die CDU nach 60 Jahren die Macht in Baden-Württemberg verliert.
















Die Demonstration war auch am Samstag, dem 16. Oktober auf dem Stuttgart Schlossplatz wieder stark besucht - ca. 25 000 Menschen, aber das Zählen ist schwer bei so vielen Schirmen. Es regnete den ganzen Tag und die Leute froren bei Temperaturen unter 10 Grad. Und der Humor ist den Demonstranten immer noich nicht vergangen. Jeses Mal sehe ich neue, teils ausgesprochen witzuge Plakate und Transparente.

Das Volk ist eine Wand - und wer mit dem Kopf da gegen anrennt, muss wissen, was er tut.

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