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Donnerstag, 11. Juni 2009

Grundsteinfest in Stuttgart

Die Grundsteinlegung der neuen Stadtbibliothek in Stuttgart begann mit dem feierlichen Begräbnis des ersten Buches in eben diesem Grundstein (rechts vorn - sieht aus wie ein Kamin am Boden). Ein skurriler britischer Humorist hätte da Absicht gewittert, aber was Bibliotheksdirektorin Ingrid Bussmann sich da ausgedacht hatte, war unfreiwillige Komik.
75 Millionen EURO soll der Bibliotheksbau kosten, dabei haben die Stuttgarter Stadtbibliotheken seit Jahren kaum Geld für die Anschaffung von Büchern und für Veranstaltungen. Sie mussten bei den Autoren sogar die Beiträge für dieses "erste Buch" der neuen Zentralen Stadtbibliothek zusammenschnorren. Deshalb hatte ich eher eine Arme-Leute-Veranstaltung erwartet und kein Büffett mit Sekt und Jazz-Band. Aber jetz wissen wir wenigstens, wofür im Konjunkturpakt II Geld da ist, wenn schon nicht für Personalstellen. Nicht wahr?
Bauarbeiter als Beerdigungsmannschaft, die uns Festgemeinde gleich zuschütten - und die Jazzband zuerst: So hätte man das sehen können. Einige der anwesenden Autoren sahen das auch so, aber ihre halblauten Kommentare verwehte der Wind mit dem Staub der Großbaustelle "Stuttgart 21" hinter dem Hauptbahnhof (der dafür ja bekanntlich abgerissen werden soll). Was aus diesem Umfeld nach den letzten Kommunalwahlen wird, aus denen die Grünen als stärkste Fraktion hervorgegangen sind, weiß niemand.



Deshalb griff sich OB Schuster auch schnell noch diesen Grundstein. Der koreanische Architekt Eun Young Yi meinte jedenfalls, im Untergeschoss werde es eine U-Bahnstation geben. Der Mann plant perfekt auch schon die eigene Zukunft: den Wiederaufbau seines Kulturwürfels, der im Lauf der ersten 10 Jahre nach Inbetriebnahme durch die Erschütterungen durchfahrender Bahnen das Schicksal des Kölner Stadtarchivs teilen dürfte. Aber ein "Einbruch ist kein Beinbruch", wer sagte das so hübsch? die Leute bei Lehman Brothers? Oder OB Wolfgang Schuster, dessen Zeit als leichtfüßiger CDU-Kobold der Kulturverarschung und Bürgermissachtung wohl zu Ende geht? Dieser Mann ist nicht nur der größte Dummschwätzer der Stadt, sondern auch ein Rätsel der CDU-Parteipolitiki: Wie konnte man je so einen hohlen Typ so weit nach oben wählen? Der lügt sich als "Erbe der politischen Kultur Manfred Rommels" durch den Tag und hat schon drei Tage nach seiner Wahlniederlage nichts Besseres zu tun, als die grüne Mehrheit offen zu beleidigen. Die Bürger und Wähler nimmt er er zu Geiseln seiner miesen Denkart, wenn er meint, was wohl aus Investoren und Arbeitsplätzen würde, wenn die Stadt kein verlässlicher Partner mehr sei. Was dieser Mensch unter "verlässlich" versteht, kann mir gestohlen bleiben. Sein Konterfei jedenfalls finde ich inzwischen weit weniger originell als diesen Schnapp-Schuss (oben).

Die Lyrikerin Katja Hajek (vorne) war nicht die einzige Autorin, die den quasi asiatischen Auftrieb nur mit einem Lächeln quittieren konnte. Und wie alle anwesenden Urheber der Bücher, die den ganzen Bau einst füllen werden, hielt sie sich verbal zurück.
Reden schwangen der Oberbürgermeister, der Kulturminister des Landes Baden-Württemberg, die Frau Bibliotheksdirktorin und der Herr Architekt. Das langt noch für Jahre.

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