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Mittwoch, 13. Juni 2007

Salzburg als Literaturstadt

“Dich sing ich, wilde Zerklüftung”:
In Arbeit für SWR 2 RADIOART Literatur, 2007 (55 Minuten)

Salzburg ist nicht nur voller Musik, sondern auch voller Stimmen. Seit Georg Trakl leben und publizieren in der Mozartstadt auch ungewöhnlich viele Literaten: von A wie Ilse Aichinger bis Z wie Stephan Zweig. Alle wissen von einer „wilden Zerklüftung der Seele, wie sie Georg Trakl beschreibt. Trakl war kein helles Wunderkind wie Mozart, sondern ein dunkles. Seine Gedichte über Salzburg tragen zugleich Schönheit, Melancholie und Todesnähe in die Welt. Viele Salzburger mögen das nicht. Bürger und Bürgerschreck, Kultur und Geschäft stören, verstören und befruchten sich hier extrem. Thomas Bernhard reagierte nicht depressiv, sondern aggressiv auf diese Atmosphäre. Sehr unterschiedliche Autoren haben sich auf Salzburg ein- und über Salzburg ausgelassen, z.B. Karl Heinrich Waggerl, H.C. Artmann oder Peter Handke. Und noch immer trifft man hier „Kaffeehaustypen“ wie Max Blaeulich, stille Wasser wie Brita Steinwendtner oder Reisende wie den Lyriker Wulf Kirsten aus Weimar. Salzburg ist voll von Literatur. Gedenkstätten und Nicht-Gedenkstätten, Cafés und Künstlertreffs, der Otto-Müller-Verlag und der legendäre Residenz-Verlag: die Welt der Salzburger Literaten. Doch ist, anders als die heile Welt der Festspielstadt, auch dort nicht heil, wo es künstlerischen Erfolg und finanzielle Unterstützung gibt. Nur gut, dass sich Bürger und Bürgerschreck gegenseitig so sehr brauchen; denn was wäre schließlich der eine ohne den anderen?

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